Speiseeis zählt zu den empfindlichsten Lebensmitteln in der Gastronomie und bedarf daher ganz besonderer Hygiene. Schon kleinste Fehler bei Lagerung, Portionierung oder Temperaturführung können gesundheitliche Risiken auslösen. Besonders kritisch sind dabei Salmonellen, Listerien und Staphylokokken, die sich in zu warmer oder kontaminierter Umgebung schnell vermehren.
Da Eis naturgemäß roh verzehrt wird, also ohne weitere Erhitzung, entfällt ein wichtiger Sicherheitsmechanismus. Deshalb liegt die volle Verantwortung bei Ihnen als Betreiber. Nur wenn Sie Ihre Prozesse im Griff haben, können Sie sowohl gesetzliche Anforderungen erfüllen als auch das Vertrauen Ihrer Gäste sichern.
Hinzu kommt: Behördenkontrollen überprüfen regelmäßig Eisdielen, Cafés und Restaurants. Verstöße führen schnell zu Abmahnungen, Bußgeldern oder im schlimmsten Fall zur Betriebsschließung. Ein durchdachtes Hygienekonzept ist daher keine Kür, sondern Pflicht.
Das HACCP-Konzept (Hazard Analysis and Critical Control Points) bietet Ihnen eine strukturierte Methode, um Risiken frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Für Speiseeis definieren Sie dabei unter anderem den Schulungsbedarf für die Mitarbeiter, kritische Temperaturgrenzen und die Reinigungszyklen für Geräte.
Die Kühlkette: Was Sie beim Speiseeis unbedingt beachten müssen
Die Kühlkette ist das Herzstück der Hygienemaßnahmen rund um Speiseeis. Sie müssen sicherstellen, dass alle Eissorten von der Anlieferung bis zur Portionierung konstant gekühlt bleiben. Schon kurze Unterbrechungen können zur Bildung von Salmonellen oder anderen Keimen führen.
Laut Lebensmittelrecht gilt:
- Speiseeis muss dauerhaft bei mindestens –18 °C gelagert werden.
- Tiefkühltruhen und Eislagerschränke müssen regelmäßig geprüft werden.
- Beim Transport sind isolierte Kühlboxen oder mobile Kühlaggregate Pflicht.
Achten Sie im Betrieb auf folgende Punkte:
- Kontrollieren Sie die Lagertemperatur mindestens zweimal täglich.
- Führen Sie ein Temperaturprotokoll, idealerweise digital.
- Entnehmen Sie nur die Menge, die Sie direkt verkaufen.
Einmal angetautes Eis darf nicht wieder eingefroren werden. Das gilt auch für Reste aus Eiswannen oder überfüllte Portionierer. Mikrobiologisch betrachtet ist das Wiedereinfrieren ein hohes Risiko und verstößt gegen die Hygienevorgaben.
Tipp: Setzen Sie auf Temperaturfühler mit Alarmfunktion, um Schwankungen sofort zu erkennen. So sichern Sie die Kühlkette und damit die Qualität Ihres Speiseeises.
Gut zu wissen: Keime vermehren sich rasend schnell
Bei guten Bedingungen teilen sich Bakterien und andere Keime rund alle 20 Minuten. Nach 4 Stunden sind es bereits 4.096 Zellen. Nach 8 Stunden sind es rund 16,8 Millionen neue Bakterien und nach 12 Stunden gar mehr als 68 Milliarden!
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Geräte und Portionierer: Diese Reinigungsroutinen sind Pflicht
Für eine ausreichende Hygiene im Umgang mit Speiseeis reicht die richtige Temperatur nicht aus. Auch die Geräte müssen regelmäßig gepflegt werden. Schaufeln, Portionierer und Eisbehälter müssen nach jedem Gebrauchstag oder Schichtwechsel mit zugelassenen Mitteln gereinigt werden.
Das gilt besonders für:
- Portionierlöffel (Eiskugler) und Dipper
- Softeis-Maschinen
- Eistheken und Vitrinen
- Edelstahlwannen oder Kunststoffbehälter
Wichtig: Spülen Sie Portionierer nicht in stehenden Wasserbecken, wie es früher oft üblich war. Diese Becken entwickeln sich schnell zu Keimschleudern. Nutzen Sie stattdessen: fließendes Wasser, Desinfektionslösungen nach HACCP-Plan und Spülmaschinen mit mindestens 60 °C Temperatur.
Tipp: Erstellen Sie einen Reinigungsplan mit festen Uhrzeiten und Verantwortlichen. Damit beugen Sie Fehlern vor und sind im Fall einer Kontrolle auf der sicheren Seite.
⚠️ Softeis-Maschinen: Hygiene-Falle mit hohem Risiko
Softeis-Maschinen stellen besondere Anforderungen an die Speiseeishygiene. Das Eis wird in einem geschlossenen System kontinuierlich gekühlt und frisch ausgegeben. Genau das macht diese Technik so anfällig: Das Produkt verbleibt über Stunden oder sogar Tage in der Maschine.
Wenn Sie die Maschine nicht regelmäßig und gründlich reinigen, steigt die Keimbelastung schnell an. In der Vergangenheit gab es immer wieder gesundheitsgefährdende Ausbrüche, die auf verunreinigte Softeisgeräte zurückzuführen waren.
Hersteller schreiben für Softeismaschinen klare Reinigungsintervalle vor:
- In vielen Fällen ist eine tägliche Reinigung erforderlich.
- Manche Geräte erlauben eine Reinigung alle 72 Stunden – jedoch nur mit speziellen Pasteurisierungsprogrammen.
- Ohne regelmäßige Desinfektion können sich Listerien, Coliforme und Hefen bilden.
Das müssen Sie tun:
- Reinigen und desinfizieren Sie die Softeis-Maschine nach Herstellerangabe und nicht nach Gefühl.
- Zerlegen Sie alle demontierbaren Teile vollständig.
- Reinigen Sie alle Teile in der Spülmaschine bei mindestens 60 °C.
- Spülen Sie mit Trinkwasser und geeigneten Lebensmitteldesinfektionsmitteln.
- Dokumentieren Sie jeden Reinigungsschritt schriftlich oder digital.
Tipp: Schulen Sie Ihr Personal speziell im Umgang mit Softeis-Maschinen. Ein falscher Reinigungsschritt oder ein vergessener Tag kann für Ihre Gäste und für Ihren Betrieb fatale Folgen haben.
Kennzeichnungspflicht bei Speiseeis: Was Sie offenlegen müssen
Die Kennzeichnungspflicht spielt beim Thema Speiseeis eine ebenso wichtige Rolle wie die Hygiene. Gäste haben ein Recht darauf, zu wissen, was in ihrem Eis enthalten ist, insbesondere bei Allergenen und Zusatzstoffen.
Laut Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) gilt:
- Allergene wie Milch, Ei, Nüsse oder Soja müssen klar und deutlich kenntlich gemacht werden.
- Auch Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Süßungsmittel oder Emulgatoren sind kennzeichnungspflichtig.
- Bei Speiseeis aus industrieller Produktion müssen Sie die deklarierte Zutatenliste übernehmen.
Das bedeutet für Sie:
- Schreiben Sie alle relevanten Inhaltsstoffe direkt auf die Speisekarte, einen Aushang oder ein separates Informationsblatt.
- Auch bei losem Verkauf an der Theke muss die Information für den Gast sichtbar und verständlich zugänglich sein.
- „Auf Nachfrage“ reicht nicht aus. Das wurde mehrfach gerichtlich bestätigt.
- Hausgemachte Eissorten: Auch hier müssen Sie eine vollständige Liste der verwendeten Zutaten und Allergene vorhalten. Am besten dokumentieren Sie jede Rezeptur mit Zutatenmenge und Herkunft.
Praxis-Tipp: Nutzen Sie QR-Codes oder digitale Speisekarten, um Inhaltsstoffe transparent und einfach darzustellen. So sparen Sie Platz und zeigen Ihren Gästen Professionalität.
Personalhygiene & Schulung: Die Grundlage jeder Speiseeis Hygiene
Ihr Hygienekonzept steht und fällt mit Ihrem Personal. Ohne klar geregelte Personalhygiene gefährden Sie nicht nur das Eis selbst, sondern auch Ihre Betriebserlaubnis. Jeder Mitarbeitende muss wissen, was erlaubt ist und was nicht.
Pflichtschulungen nach Infektionsschutzgesetz (§ 43 IfSG) müssen bei Arbeitsbeginn und dann mindestens jährlich stattfinden. Diese Schulungen beinhalten:
- Grundlagen der Lebensmittelhygiene
- Meldepflicht bei Krankheitssymptomen
- Hygienisches Verhalten am Arbeitsplatz
Achten Sie außerdem auf:
- Saubere Berufskleidung (keine private Kleidung im Produktionsbereich)
- Täglich frische Kopfbedeckung
- Verzicht auf Schmuck, Armbanduhren und künstliche Fingernägel
Gut zu wissen: Einmalhandschuhe ersetzen nicht das Händewaschen
Auch Einmalhandschuhe schützen nicht, wenn sie falsch verwendet werden. Sie ersetzen weder Händewaschen noch Desinfektion. Im Gegenteil, sie fördern bei falscher Nutzung sogar die Keimbildung.
Tipp: Lassen Sie alle Unterweisungen dokumentieren – mit Datum, Namen und Unterschrift. So können Sie bei Kontrollen belegen, dass Ihre Mitarbeitenden geschult sind. Auch Hygieneposter und Checklisten in der Küche helfen, Standards sichtbar zu machen.
Speiseeis Wareneingang: Kontrollieren Sie oder vertrauen Sie blind?
Die Hygiene zum Thema Speiseeies beginnt nicht im Lager, sondern am Hintereingang. Was passiert, wenn der Lieferfahrer verspätet kommt? Oder die Kühlkette schon vor Ihrer Tür gebrochen ist?
Fragen Sie sich bei jeder Lieferung
- Ist die Verpackung unversehrt?
- Fühlt sich das Eis wirklich tiefgekühlt an?
- Steht auf dem Lieferschein alles, was ich wissen muss?
Messen Sie die Temperatur sofort. Notieren Sie sie. Eine Lieferung unter –18 °C ist verpflichtend. Liegt sie darüber, lehnen Sie die Ware ab, egal, wie „harmlos“ es aussieht. Beachten Sie außerdem unseren ausführlichen Artikel zum Thema Warenannahme und Wareneingangskontrolle. mit vielen wichtigen Informationen und kostenlosen Downloads.
Warum das alles?
Weil Sie als Gastronom in der Verantwortung stehen, wenn kontaminiertes oder falsch gelagertes Speiseeis in Umlauf kommt. Eine lückenlose Dokumentation schützt Sie im Ernstfall gegenüber Ämtern, Gästen und sogar vor Gericht.
Einmal vergessen = Risiko. Mehrfach vergessen = Betriebsgefahr.
HACCP & Gute Hygienepraxis: Ihr Sicherheitsnetz im Alltag
Für die richtigen Maßnahmen zur Sicherheit Ihrer Gäste brauchen Sie ein durchdachtes System. Genau hier setzt HACCP an. Es ist die gesetzlich vorgeschriebene Methode zur Vorbeugung von Lebensmittelrisiken.
HACCP steht für Hazard Analysis and Critical Control Points – Gefahrenanalyse und Kontrolle kritischer Punkte. Das klingt kompliziert, ist aber praktikabel. Sie analysieren, wo in Ihrem Betrieb Gefahren entstehen können und legen dann fest, wie Sie diese systematisch vermeiden. Hier auf g-wie-gastro finden Sie ein umfangreiches Dossier zum Thema HACCP mit vielen Vorlagen zum direkten, kostenlosen Download.
Typische Kontrollpunkte bei Speiseeis:
- Wareneingang: Temperatur, Verpackung, Kennzeichnung
- Lagerung: Einhaltung von –18 °C
- Ausgabe: saubere Portionierer, Zeitbegrenzung bei Vitrineneinsatz
- Gerätehygiene: Reinigung und Desinfektion von Maschinen
- Personalhygiene: regelmäßige Schulung und Kontrolle
Das gehört in Ihr HACCP-Konzept:
- Gefahrenanalyse für jeden Prozessschritt
- Definition der kritischen Kontrollpunkte (CCPs)
- Grenzwerte (z. B. Lagertemperatur)
- Überwachungsmaßnahmen (z. B. Temperaturmessung)
- Korrekturmaßnahmen (z. B. Ware sperren)
- Dokumentation aller Abläufe
Ergänzend dazu gilt: Setzen Sie auf Gute Hygienepraxis (GHP), also klare Standards für Reinigung, Desinfektion, Wartung, Personalverhalten und bauliche Hygiene.
Tipp: HACCP ist kein starres Dokument, sondern ein lebendiger Prozess. Aktualisieren Sie Ihr Konzept regelmäßig – z. B. bei neuen Eissorten, Umbauten oder Personalwechsel.
Fazit: So sorgen Sie für sicheren Eisgenuss
Gerade weil Eis roh verzehrt wird, liegt die volle Verantwortung bei Ihnen. Temperaturkontrolle, saubere Geräte, geschultes Personal und transparente Kennzeichnung sind keine Extras, sondern Pflicht.
Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen ein gut umgesetztes Hygienekonzept bietet:
- Mehr Sicherheit für Ihre Gäste
- Schutz vor behördlichen Maßnahmen
- Professioneller Außenauftritt und Vertrauen
Setzen Sie auf digitale Tools, feste Routinen und nachvollziehbare Prozesse. Sorgen Sie dafür, dass jeder im Team seine Aufgaben kennt und dokumentieren Sie lückenlos. Dann wird Speiseeis nicht nur zum Genuss, sondern auch zum Erfolgsfaktor in Ihrem Betrieb.
FAQ
Nach dem Öffnen sollte Eis innerhalb eines Tages verbraucht werden. Längere Lagerung in der Vitrine erhöht deutlich das Keimrisiko.
Moderne Softeissysteme arbeiten pasteurisiert. Rohes Ei wird aus hygienischen Gründen nicht mehr verwendet.
Händewaschen vor jedem Schichtbeginn, nach Toilettenpausen und beim Wechsel zwischen verschiedenen Tätigkeiten ist Pflicht, zusätzlich zum Handschuheinsatz.
Eigenkontrollen sollten mindestens ein- bis dreimal pro Jahr erfolgen, besonders bei Softeis oder hausgemachtem Speiseeis. Personalwechsel oder Geräteproblemen sollten Zusatzkontrollen nach sich ziehen.
Glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) oder beschichtete Oberflächen sind ideal. Sie sind porenfrei, resistent gegen Feuchtigkeit und lassen sich leicht reinigen.
Wasserbehälter sind riskant. Sie entwickeln bei unsachgemäßem Gebrauch rasch Keimkolonien, wenn Eisreste oder abgestandenes Wasser darin liegen. Moderne Anlagen nutzen stattdessen Wasserduschen zur Reinigung des Portionierers.
Quellen
- Stadt Brandenburg/Havel: Merkblattfür die Herstellung und das Inverkehrbringen von Speiseeis, https://www.stadt-brandenburg.de/fileadmin/pdf/39/Dokumente/LM-05-MBL-514-BRB_MBL_Speiseeis_neu.pdf, abgerufen 30.07.2025
- Freie Hansestadt Bremen (2021): Merkblatt für die Herstellung und das Inverkehrbringen von Speiseeis, https://www.lmtvet.bremen.de/sixcms/media.php/13/Info_46_Eisherstellung_und_Verkauf.pdf, abgerufen 30.07.2025
- IHK Frankfurt am Main: Infoblatt zur Kennzeichnung von Lebensmitteln im Gastgewerbe, https://www.frankfurt-main.ihk.de/blueprint/servlet/resource/blob/5371478/fc2c6d7b7f094c1829bde45f69686bd2/kennzeichnung-von-lebensmitteln-data.pdf, abgerufen 30.07.2025
- Gesetze im Internet (2017): Verordnung zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung – LMIDV), https://www.gesetze-im-internet.de/lmidv/BJNR227210017.html, abgerufen 30.07.2025
- Lebensmittelverband Deutschland: Lebensmittelhygiene, https://www.lebensmittelverband.de/de/lebensmittel/sicherheit/hygiene, abgerufen 30.07.2025
