Trinkgeld gehört im Gastgewerbe und vielen anderen Branchen zum Alltag. Viele denken: „Trinkgeld ist steuerfrei.“ Doch das stimmt nicht immer. Wer muss Trinkgeld versteuern – und wann? Die Antwort hängt davon ab, ob ein Angestellter oder ein Unternehmer das Geld erhält, und wie genau die Übergabe erfolgt. Ein falscher Umgang mit Trinkgeld kann schnell teuer werden. Wer die Regeln kennt, spart hingegen Steuern und schützt sich vor Ärger mit dem Finanzamt.
In diesem Artikel erfahren Sie …
- … wann Trinkgelder für Mitarbeiter tatsächlich steuerfrei bleiben.
- … welche Fehler bei der Verteilung von Trinkgeld zu einer Steuerpflicht führen.
- … warum Trinkgeld über den Arbeitgeber steuerlich heikel ist.
- … wie Sie als Unternehmer korrekt mit Trinkgeld umgehen.
- … wie Sie den Trinkgeldpool rechtssicher organisieren.
- … welche Fallstricke in Speisekarten Sie vermeiden sollten.
Wann ist Trinkgeld für Arbeitnehmer steuerfrei?
Trinkgeld ist für viele Mitarbeiter in der Gastronomie ein wichtiger Bonus. Doch damit das Finanzamt es nicht als Arbeitslohn einstuft, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Nur wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, bleibt das Trinkgeld steuer- und sozialversicherungsfrei.
Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein
- Freiwilligkeit: Der Gast muss das Trinkgeld aus freien Stücken geben.
- Direkte Zahlung: Das Geld muss direkt an den Mitarbeiter übergeben werden.
- Kein Rechtsanspruch: Es darf keine vertragliche oder tarifliche Pflicht zur Zahlung bestehen.
- Zusätzlich zum Lohn: Das Trinkgeld muss eine echte Zusatzleistung sein.
Gesetzliche Grundlage
Die Steuerfreiheit ergibt sich aus § 3 Nr. 51 EStG. Seit 2002 gilt: Trinkgelder sind steuerfrei, wenn sie freiwillig und zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt werden. Wichtig: Entscheidend ist die Beziehung zwischen Gast und Servicekraft – nicht zwischen Gast und Betrieb.
Vorsicht bei der Verteilung über den Betrieb
Gibt der Gast das Trinkgeld an den Arbeitgeber und dieser verteilt es an das Team, liegt kein direkter Bezug mehr vor. Das Finanzamt stuft die Zahlung dann als Arbeitslohn ein. Folge: Lohnsteuer und Sozialabgaben werden fällig.
Beispiel aus dem Alltag
Ein Gast gibt der Kellnerin direkt 5 Euro. → Steuerfrei.
Ein Gast legt 5 Euro in ein gemeinsames Trinkgeldglas, das der Chef verteilt. → Steuerpflichtig.
Wann muss Trinkgeld versteuert werden?
Nicht jedes Trinkgeld bleibt steuerfrei. Sobald der direkte Bezug zwischen Gast und Mitarbeiter fehlt oder bestimmte Zusatzregelungen greifen, wird das Trinkgeld steuerpflichtig.
Diese Situationen führen zur Steuerpflicht
- Weitergabe durch den Arbeitgeber: Gibt der Gast das Trinkgeld an den Betrieb und dieser verteilt es an das Personal, liegt kein direkter Bezug mehr vor. Das Trinkgeld gilt dann als regulärer Arbeitslohn.
- Verteilung über einen vom Arbeitgeber organisierten Pool: Auch hier entsteht eine Steuerpflicht, da der direkte Kontakt zwischen Gast und Empfänger fehlt.
- Rechtsanspruch auf Trinkgeld: Wenn Mitarbeiter laut Tarifvertrag Anspruch auf Trinkgeld haben (z. B. Metergeld), gilt es nicht mehr als freiwillige Leistung. Auch dann wird Lohnsteuer fällig.
Sozialabgaben fallen zusätzlich an
Trinkgeld, das als Arbeitslohn gewertet wird, unterliegt neben der Lohnsteuer auch Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung. Das kann für den Betrieb teuer werden – vor allem, wenn das Finanzamt nachträglich prüft.
Tipp aus der Praxis
Vermeiden Sie pauschale Trinkgeldhinweise in Speisekarten. Formulierungen wie „Service inbegriffen“ oder „inkl. Bedienung“ führen fast immer zu einer Steuerpflicht. Lassen Sie stattdessen Ihre Gäste freiwillig entscheiden.
Wenn der Chef Trinkgeld bekommt: Wie Unternehmer Trinkgelder versteuern müssen
Für selbstständige Gastronomen oder Betreiber gilt eine klare Regel: Trinkgeld ist immer steuerpflichtig. Im Gegensatz zu angestellten Mitarbeitern können Sie sich nicht auf die Steuerfreiheit berufen.
Trinkgeld gilt als Betriebseinnahme
Erhalten Sie als Unternehmer Trinkgeld, müssen Sie es vollständig als Betriebseinnahme buchen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Geld bar oder unbar übergeben wurde. Sie müssen es in Ihrer Buchhaltung erfassen – und zwar brutto, inklusive Umsatzsteuer.
Umsatzsteuer wird fällig
Das Trinkgeld stellt ein Entgelt für eine erbrachte Leistung dar. Deshalb fällt darauf Umsatzsteuer an. Sie müssen den entsprechenden Betrag berechnen und an das Finanzamt abführen.
Beispiel aus dem Service-Alltag
Als Unternehmer geben Sie die Rechnung an einen Gast. Der Gast zahlt 100 Euro, die Rechnung beträgt 94,30 Euro. Der Gast sagt: „Stimmt so.“ Die Differenz ist also Trinkgeld.
So rechnen Sie korrekt:
- Umsatzsteueranteil: 100 € / 1,19 × 0,19 = 15,97 €
- Nettobetrag (Betriebseinnahme): 100 € / 1,19 = 84,03 €
Wichtig: Auch wenn Sie das Geld nicht offiziell als „Entgelt“ bezeichnen – steuerlich wird es so behandelt.
Eigenbeleg nicht vergessen
Wenn Sie das Trinkgeld nicht über das Kassensystem verbuchen, brauchen Sie einen Eigenbeleg. Notieren Sie Datum, Betrag, Anlass und Verwendungszweck. Bewahren Sie diesen Beleg zehn Jahre lang auf – so verlangt es die Abgabenordnung.
Übrigens: Die Gewerbeordnung legt fest, dass Arbeitnehmer nicht ausschließlich für Trinkgeld arbeiten dürfen. Ihnen ist immer ein festgelegtes Arbeitsentgelt zu zahlen.
Sie möchten vermeiden, dass Trinkgeld versteuert werden muss? Was Sie in Ihrem Betrieb konkret tun können
Trinkgeld sorgt oft für Unsicherheit – sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Ihnen als Betreiber. Mit ein paar klaren Regeln und etwas Organisation schaffen Sie Transparenz und Rechtssicherheit.
1. Direkte Übergabe fördern
Erklären Sie Ihren Mitarbeitern, dass nur direkt erhaltenes Trinkgeld steuerfrei ist. Gäste sollten wissen, dass Trinkgeld nicht über den Betrieb oder die Rechnung laufen sollte. Sorgen Sie dafür, dass Barzahlung unkompliziert möglich bleibt.
2. Keine Hinweise in der Speisekarte
Vermeiden Sie Formulierungen wie „10 % Servicegebühr enthalten“. Solche Hinweise machen das Trinkgeld steuerpflichtig. Lassen Sie die Entscheidung bewusst beim Gast – das schafft Vertrauen und schützt vor Problemen mit dem Finanzamt.
3. Trinkgeldpool nur privat organisieren
Möchten Ihre Mitarbeiter das Trinkgeld untereinander teilen, sollten sie das selbst regeln – ohne Ihr Zutun. Sobald Sie als Arbeitgeber den Pool verwalten oder aufteilen, entsteht Steuerpflicht. Bleiben Sie also komplett außen vor. Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag: Trinkgeld berechnen, Verteilung und mehr.
4. Mitarbeiter schulen
Sprechen Sie mit Ihrem Team über den richtigen Umgang mit Trinkgeld. Viele wissen nicht, was erlaubt ist und was nicht. Ein kurzes Infoblatt oder eine Schulung im Teammeeting reicht oft schon aus.
5. Buchhaltung korrekt führen
Wenn Sie als Unternehmer Trinkgeld erhalten, buchen Sie es als Betriebseinnahme. Erfassen Sie den Umsatz korrekt – inklusive Umsatzsteuer. Nutzen Sie Eigenbelege, falls Sie das Trinkgeld nicht direkt über das Kassensystem verbuchen.
6. Auf Rückfragen vorbereitet sein
Ob Betriebsprüfung oder Steuerberater: Fragen zum Trinkgeld kommen fast immer. Dokumentieren Sie, wie in Ihrem Betrieb damit umgegangen wird. Eine klare Regelung im Team sorgt für Sicherheit und vermeidet Nachzahlungen.
Fazit: So bleiben Sie beim Trinkgeld rechtlich auf der sicheren Seite
Trinkgeld ist fester Bestandteil der Gastronomie – aber steuerlich kein Selbstläufer. Ob man das Trinkgeld versteuern muss, hängt an einigen wichtigen Aspekten. Wenn Sie die rechtlichen Grundlagen kennen, vermeiden Sie unnötige Risiken und Nachzahlungen. Wichtig ist vor allem: Wer das Trinkgeld bekommt, wie es übergeben wird und ob ein Rechtsanspruch besteht.
Ihre Checkliste für den Alltag
- Trinkgeld geht direkt vom Gast an den Mitarbeiter
- Kein Hinweis auf Bedienungsgeld auf Speisekarte oder Rechnung
- Trinkgeldpool nur durch Mitarbeiter organisiert – nicht durch den Chef
- Mitarbeiter regelmäßig über Trinkgeld-Regeln informieren
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FAQ: Trinkgeld steuerfrei?
Ja. Kartentrinkgeld landet meist auf dem Geschäftskonto. Wenn Sie es als Unternehmer auszahlen, gilt es als Arbeitslohn. Es unterliegt dann Lohnsteuer und Sozialversicherung.
Es gibt keine gesetzliche Obergrenze. Entscheidend ist, dass das Trinkgeld freiwillig, direkt und zusätzlich gezahlt wird. Selbst hohe Beträge sind steuerfrei, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Dann drohen Nachzahlungen für Steuer und Sozialabgaben. Bei grober Fahrlässigkeit kann auch ein Bußgeld verhängt werden. Dokumentieren Sie daher jeden Trinkgeldvorgang sauber.
Ja, solange es freiwillig und direkt vom Gast kommt. Trinkgeld zählt nicht zum Verdienstgrenze von 538 Euro, sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Quellen
- Gesetze im Internet (2025): Einkommensteuergesetz (EStG) § 3, https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__3.html, abgerufen 03.04.2025
- Gesetze im Internet (2025): Gewerbeordnung § 107 Berechnung und Zahlung des Arbeitsentgelts, https://www.gesetze-im-internet.de/gewo/__107.html, abgerufen 03.04.2025
- Anwalt24: BFH-Urteil vom 17.02.1972 – Trinkgeld und Umsatzsteuer (VR 118/71), Bundesfinanzhof, https://www.anwalt24.de/urteile/bfh/1972-02-17/v-r-118_71, abgerufen 03.04.2025




