Die Anforderungen an Gastronomiebetriebe verändern sich in diesen Zeiten rasant. Neben Speisekarte, Service und Lage ist heute auch die Fotogenität eines Lokals ein relevanter Wettbewerbsfaktor.
Wer mit seinem gastronomischen Angebot auf Instagram, TikTok oder Pinterest sichtbar sein möchte, muss verstehen: Der Raum ist längst Teil des Produkts. Es geht dabei nicht um spektakuläre Inszenierungen, es sind die kleinen Details, die ein „Instagrammable Moment“ schaffen – authentisch, wiedererkennbar und mit echtem Markencharakter.
Gäste fotografieren ihre Gerichte nicht mehr nur aus persönlichem Genuss. Dokumentiert wird das gesamte Erlebnis, vom Eingangsschild bis zur Toilettentür. Für Gastronomen bedeutet das: Jeder Quadratmeter kann Kommunikationsfläche sein – sofern er bewusst als solche gestaltet wird.
Digitales Marketing beginnt offline
Ein durchdachtes Raumkonzept beeinflusst nicht nur das Gästeerlebnis vor Ort, sondern auch die Sichtbarkeit im Netz.
Laut einer Analyse von Statista nutzen über 60 Prozent der 18- bis 34-Jährigen Instagram mittlerweile aktiv für die Suche nach neuen Restaurants und Cafés. Innenräume, die emotional ansprechen, regen eher zum Ausprobieren und Teilen an – ganz ohne dafür Werbung schalten zu müssen.
Das Ambiente wird zum Verstärker der Markenbotschaft. Besonders im Fokus: Farben, Lichtführung, Details im Interieur – und die Sitzmöbel. Gastronomie Stühle erfüllen beispielsweise nicht nur einen funktionalen Zweck. Sie lassen sich dafür nutzen, den Charakter eines Raums maßgeblich mitzuprägen. Sie werden zu einem Teil des Storytellings, das ein Lokal für Gäste „merk-würdig“ macht – im wörtlichen Sinn.
Neue Untersuchungen im Bereich der Neuroästhetik deuten zudem darauf hin, dass natürliche Materialien wie Holz oder Leinen im Gastbereich unbewusst als vertrauenswürdiger und einladender wahrgenommen werden. Auch dieser Aspekt lässt sich gezielt für die Positionierung eines gastronomischen Konzepts nutzen.
Gestaltung beeinflusst Verhalten
Wie stark Raumgestaltung das Konsumverhalten prägt, wird wissenschaftlich zunehmend untersucht.
Eine Veröffentlichung der Hochschule für Technik Stuttgart kommt zum Ergebnis, dass die Atmosphäre eines Gastraums die Verweildauer direkt beeinflusst. Dazu zählen Lichtverhältnisse, Akustik, aber auch die Art, Form und Positionierung der Sitzgelegenheiten. Sind diese bequem und optisch ansprechend, bleiben Gäste gerne länger – und konsumieren in der Regel auch mehr.
Darüber hinaus schafft ein visuell durchdachter Gastraum auch für das Team einen orientierungsstarken Rahmen. Klare Linien im Design erleichtern die Abläufe, fördern die Orientierung und tragen zu einer ruhigeren Raumwirkung bei. Dies kommt sowohl den Gästen als auch den Mitarbeitenden zugute.
Inszenierung ohne Kitsch
Der Begriff „Instagram-Spot“ ruft bei vielen Menschen Bilder von rosafarbenen Neonwänden oder Blumeninstallationen auf. Doch nicht jede Gastronomie muss sich diesem Trend beugen.
Es zeigt sich sogar, dass visuell markante, aber zurückhaltende Konzepte langfristig glaubwürdiger wirken. Materialien wie Holz, Naturstein oder Metall, kombiniert mit einer gezielten Lichtführung, schaffen eine Atmosphäre, die sich von dem Gewöhnlichen abhebt – jedoch ohne damit ins Theatralische abzugleiten.
Ein Beispiel: Statt einer inszenierten Selfie-Ecke wird eine liebevoll gestaltete Kaffeezubereitung am offenen Tresen schnell zu einem beliebten Fotomotiv. Entscheidender als die Pose ist also der Moment, der Emotion weckt – und das gelingt vor allem durch Authentizität.
Markenbildung über Ästhetik
Das gestalterische Gesamtkonzept wirkt wie ein visuelles Manifest der Marke. Ein minimalistisches Café mit einem reduzierten Mobiliar erzählt eine andere Geschichte als eine kunstvoll dekorierte Brasserie mit historischen Details.
Je klarer das Interieur einer übergeordneten Idee folgt, desto stärker wird die Markenidentität spürbar. Dies ist kein Selbstzweck, sondern Teil einer konsistenten Kommunikation.
Visuelle Konsistenz macht ein Lokal wiedererkennbar. Gäste, die sich gerne fotografieren oder Szenen aus ihrem Leben teilen, brauchen dafür keinen konkreten „Instagram-Spot“. Sie brauchen einen Wiedererkennungswert. Farben, Formen, Perspektiven – all das wirkt mit. Die Gastronomie wird zur persönlichen Bühne, die Marke zum Szenenbild.
Relevanz statt Reizüberflutung
Doch nicht jedes Motiv eignet sich automatisch für soziale Medien. Entscheidend ist die Relevanz für die Zielgruppe.
Gastronomen, die gezielt Millennials oder die Gen Z ansprechen, profitieren eher von klaren Formen, neutralen Farben und hochwertiger Anmutung – als von auffälligen Requisiten. Die Generation Instagram ist anspruchsvoll, was Authentizität betrifft. Unechte oder gestellte Motive werden schnell entlarvt.
Das Bedürfnis nach „echten Orten“ wächst. Ästhetik bedeutet nicht Überladung, es geht um die Reduktion auf das Wesentliche. Wer sich hier konsequent positioniert, schafft visuelle Ruhe in einem digitalen Umfeld voller Reize – und bietet genau damit ein Alleinstellungsmerkmal.
Design als Investition in Sichtbarkeit
Gastronomiebetriebe, die ihre Innenräume und Sitzplätze strategisch inszenieren, gewinnen nicht nur vor Ort – sie punkten auch online. Der bewusste Einsatz von Farben, Materialien, Licht und Möblierung entscheidet heute maßgeblich darüber, wie ein Restaurant wahrgenommen wird. Es beeinflusst, ob Gäste nur kommen oder bleiben und gerne wiederkommen, ob sie nur konsumieren oder auch nach außen kommunizieren.
In einer Welt, in der das Bild vor dem Genussmoment kommt, wird gutes Design zum Sprachrohr – und zu einem wirkungsvollen Marketinginstrument, das sich nicht aufdrängt, sondern authentisch dort wirkt, wo es soll.
