Das Eierlikör-Erlebnis
Geht es Ihnen wie mir? Wenn Sie einmal in einem Geschäft oder Restaurant vollkommen unerwartet überrascht und begeistert waren, dann werden Sie das nie vergessen und sehr vielen Ihrer Freunde von diesem WOW-Faktor erzählen.
Ich war mal in einem jungen, wilden, gerade erst eröffneten Restaurant und entschied mich für das 4-Gang-Menü. Vor dem Dessert kam der Service und brachte uns einen hausgemachten Eierlikör – wunderbar serviert in einer kleinen Karaffe auf Eis. Wir dachten so bei uns … hmmm … Eierlikör … aber warum eigentlich nicht. Also probierten wir. Es war traumhaft.
Perfekter Geschmack, mit ein wenig Tonkabohne abgeschmeckt. Wir leckten förmlich die Gläser aus und dachten, dabei unbeobachtet zu sein. Aber nein … unser Kellner sah das und brachte uns einfach noch so eine kleine Karaffe. Wir waren vollkommen geflasht! Ein wundervolles Erlebnis, das wir alle nie vergessen werden.
Was versteht man unter „wow-en“?
Mit wow-en ist das Überraschen und Begeistern eines Gastes gemeint. Es sollte etwas sein, an das er sich auch lange Zeit später noch erinnert. Er sollte so angetan sein, dass er vielen Freunden davon erzählt und am besten einen Post bei Facebook macht. Der Service sollte natürlich freundlich sein und aus tiefsten Herzen engagiert und willens, dem Gast einen tollen Abend zu bescheren. Man sollte dem Gast das Gefühl geben, willkommen zu sein. Es sollte ein einzigartiges Erlebnis sein, was er so bisher niergens erfahren hat.
Harte und weiche Faktoren
Man mag vielleicht im ersten Moment auch an das neuste technische Spielzeug denken, mit dem man seine Gäste beeindrucken kann … aber nein. Es geht vielmehr um das Persönliche, die Qualität, das Herz – also weiche Faktoren. Aber durchaus auch um die sogenannten harten Faktoren wie Einrichtung, Sauberkeit, Ambiente. Nur im Zusammenspiel werden Sie erfolgreich sein. Was hilft ein tolles Essen, wenn Ihre Toiletten alt und schmutzig sind? Was hilft eine tolle Designer-Lampe, wenn Ihre Küche keine Liebe ins Essen gibt?
Zwei Fälle
Der erste Fall:
Herr Mustermann geht mit seinem Geschäftspartner zum Lunch ins Restaurant A, wo er schon ein paar mal essen war. Sie setzen sich, bekommen schnell die Karten gebracht und bestellen. Die Getränke und das Essen kommen zügig und sind von ordentlicher Qualität. Am Ende fragt der Kellner noch nach Kaffeewünschen, macht dann die Rechnung fertig und beide verlassen zufrieden Restaurant A.
Der zweite Fall:
Herr Mustermann will sich mit einem alten Klassenkameraden treffen und entscheidet sich für Restaurant B, wo er auch gelegentlich hingeht. Er reserviert vorsichtshalber einen Tisch. Die beiden Herren betreten am Abend das Restaurant und werden freundlich begrüßt mit den Worten: „Einen schönen guten Abend, Herr Mustermann … es freut uns, dass Sie uns mal wieder besuchen“. Herr Mustermann ist begeistert, dass man sich offenbar an ihn erinnert und seine Namen benutzt.
Die Herren werden an Ihren Tisch geleitet, erhalten die Karten und bestellen kurze Zeit später. Bei der Bestellung fragt der Kellner: „Sie hatten das letzte Mal eine Flasche stilles Mineralwasser zu Ihrem Essen. Darf ich Ihnen wieder eine bringen heute?“. Toll, denkt Herr Mustermann … die wissen sogar noch, was ich getrunken habe. Gerne nimmt Herr Mustermann die Empfehlung an. Die Getränke und das Essen werden auch hier zügig und in guter Qualität geliefert. Der Kellner erkundigt sich während und nach dem Essen, ob alles in Ordnung ist und benutzt dabei auch wieder den Namen des Gastes.
Herr Mustermann bestellt noch ein Dessert und erwähnt, dass er das Schokoeis hier immer besonders lecker findet. Als der Kellner das Dessert bringt, liegt darauf eine Extra-Kugel des begehrten Eis. Wow … Herrn Mustermann fehlen die Worte. Hoch zufrieden verlassen die beiden Herren Restaurant B. Das nächste Mal wird er auch seine Geschäftspartner eher hierin einladen. Was glauben Sie? Welches Restaurant wird langfristig erfolgreicher sein?
10 Wege, Ihre Gäste zu wow-en
1. Stimmen Sie die Gäste ein
Wenn es in Ihr Konzept passt, könnten Sie Ihre Gäste mit einer kleinen Hausüberraschung einstimmen. Das könnte der obligatorische Gruß aus der Küche sein, einfach eine Probierportion Ihrer Tagessuppe, ein Glas Sekt oder oder oder.
2. Geben Sie Ihren Gästen ein kleines Geschenk mit
Mit der Rechnung zusammen könnten Sie Ihren Gästen etwas kleines mitgeben. Eine kleine Praline, einen Apfel, ein Päckchen mit Sonnenblumensamen mit Ihrem Aufkleber (so können sie diese anpflanzen und werden jedesmal an Sie erinnert) …
3. Kümmern Sie sich um Kinder
Wenn die Kleinen zufrieden sind, sind es auch die Eltern! Sie sollten eine Kinderkarte haben, Malstifte, Kinder-Plastikbesteck, ein paar Babynahrungsgläschen, die Möglichkeit ein Fläschchen warm zu machen, Kleinkinder-Trinkbecher etc.
4. Verschenken Sie Rezeptkarten
Lassen Sie Rezeptkarten Ihrer 5-6 beliebtesten Gerichte erstellen und verschenken Sie diese an Ihre Gäste. Machen Sie kein Geheimnis daraus. Seien Sie offen und Ihre Gäste werden es Ihnen danken.
5. Sprechen Sie Ihre Gäste mit Namen an
Wenn ein Gast reserviert hat, haben Sie seinen Namen. Nutzen Sie das! Sprechen Sie ihn immer mal wieder im Laufe des Abends mit dem Namen an. Persönlicher und individueller geht es nicht!
6. Passen Sie Ihre Abläufe auf die Gäste an und nicht umgekehrt
Kennen Sie das? Sie sitzen nachmittags in einem Restaurant und wollen noch lange nicht gehen. Da kommt Ihr Kellner und sagt, dass seine Schicht zu Ende ist und er nun erst einmal abrechnen müsse. Wie lästig. Immerhin wollen Sie noch gar nicht bezahlen und weiter konsumieren. Passen Sie also Ihre Abläufe auf die Gäste an und finden Sie eine Möglichkeit, dass der Kellner seine offenen Tische an den Spätdienst übergeben kann.
7. Allergien und Unverträglichkeiten
Leider ist es immer noch keine Selbstverständlichkeit, dass sich Servicekräfte und Köche mit Allergien und Unverträglichkeiten auskennen. Manche nehmen das Thema zudem nicht wirklich ernst. Schulen Sie Ihr Personal in diesem Bereich. Bei jeder Bestellung sollten diese Themen abgefragt werden und ein Nussallergiker wird sehr beeindruckt sein, wenn Sie mit Fachwissen an der Front glänzen können.
8. Merken Sie sich Besonderheiten
Mit den technischen Mitteln heutzutage ist es einfach, eine Gästekartei aufzubauen und zu pflegen. Nutzen Sie alle möglichen Informationen und tragen Sie diese in Ihre Datenbank ein. Nutzen Sie diese Informationen bei den nächsten Besuchen des Gastes. Welchen Wein hatte er? Wasser mit oder ohne Sprudel? Kaffee oder Espresso nach dem Essen? Tisch am Fenster oder lieber in der Ecke? Allergien? etc. Ihr Gast wird beeindruckt sein, wenn Sie ihn das nächste Mal darauf ansprechen. PS: Aber Vorsicht, dass Sie die Diskretion wahren. Manchmal ist es angebracht so zu tun, als ob Sie den Gast das erste Mal sehen (wenn er z.B. zu beiden Besuchen mit verschiedenen Damen kommt 🙂
9. Geburtstag
Apropos Datenbank… sollten Sie das Geburtsdatum Ihrer Gäste haben, nutzen Sie es! Schicken Sie zu deren Geburtstag eine Postkarte, eine E-Mail, eine SMS (je nachdem welche Daten Sie haben). Ihre Gäste werden begeistert und überrascht sein. Wenn Sie dann noch ein kleines Geschenk anhängen wie z.B. im Geburtstagsmonat einen Rabatt von 10 % dann ist es perfekt.
10. Upgrade
Hotels haben es da einfacher. Sie können einem Gast einfach eine bessere Zimmerkategorie geben , als dieser gebucht hat und er wird begeistert sein. Und dem Hotel entstehen noch nicht einmal mehr Kosten. So einfach geht das mit dem Upgrade im Restaurant leider nicht. Dennoch gibt es Möglichkeiten: der bessere Tisch, ein 4er-Tisch auch nur für 2 Personen, ein besonders schönes Amuse, ein „Vordessert“, … lassen Sie sich etwas einfallen.